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Die Staatskanzlei fördert die an der Universität des Saarlandes ansässige IT Inkubator GmbH mit 300.000 Euro.

 

Die Förderung ist ein wichtiger Baustein zur Stabilisierung erfolgreicher Strukturen zum Aufbau und Begleitung von Unternehmen in ihrer Frühphase. Gleichzeitig sollen die Vorbereitungen zur zukünftigen Weiterentwicklung des IT Inkubators im Rahmen des SaarTechCycle zu einem Venture Builder unterstützt werden.

„Wir wollen das Saarland im Bereich der wissens- und technologieorientierten Gründungen noch besser aufstellen und so Ideen in wirtschaftliche Anwendungen überführen. Mit innovativen Instrumenten schaffen wir für Hightech-Gründungen ein hervorragendes Umfeld, das wir mit dem IT Inkubator nun weiter ausbauen. Die Aktivitäten der IT-Inkubator GmbH zahlen unmittelbar auf das Konto unserer breit aufgestellten Innovationslandschaft im Saarland ein. Daher freue ich mich, mit unserer Förderung des IT Inkubators diese Expertise weiterzuentwickeln und unsere Region mit innovativen Startups weiter zu stärken“, so der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans.

„Mit der Förderung ist ein Baustein geschaffen worden, um unsere Aktivitäten zukünftig deutlich ausbauen und weiter professionalisieren zu können. Damit wollen wir Gründungsideen in konkrete Unternehmen transferieren sowie diese in ihrer Entwicklung begleiten. Verbunden mit dem Ziel, zusätzliche Gründungs- und Wachstumspotentiale zu heben, steht auch die geplante Weiterentwicklung zu einem Venture Builder im Technologiebereich. Hierbei ist zudem eine stärkere Kooperation mit allen Akteuren in der Region vorgesehen, um alle Chancen sowie Synergieeffekte im Saarland optimal zu nutzen und unternehmerisch umzusetzen“, so Ralf Zastrau, Direktor Entrepreneurship der Universität des Saarlandes.

Hintergrund IT Inkubator

Zu den Kernelementen einer Inkubation zählen alle notwendigen Schritte eines kreativen, technischen und betriebswirtschaftlichen Unternehmensaufbaus. Diese münden bei einem spannenden Geschäftsmodell in eine erfolgreiche Unternehmensgründung und in Unternehmenswachstum.

Der IT Inkubator entwickelt herausragende Ideen, Technologien sowie Forschungsergebnisse aus dem Bereich Informations- und Kommunikationstechnik im Rahmen eines Inkubationsprozesses weiter. Ziel ist es, Unternehmen (Startups) zu gründen und in ihrer Frühphase zu begleiten. Hierbei werden Ressourcen sowie vielfältige Unterstützung zur Verfügung gestellt und ein breites Netzwerk geboten.

Die IT Inkubator GmbH ist ein Unternehmen der Max-Planck Innovation GmbH und der Universität des Saarlandes Wissens- und Technologietransfer GmbH (WuT). Das Projekt läuft bis Mai 2023 und wird von der saarländischen Staatskanzlei mit 300.000 Euro gefördert.

 

In Quantencomputer werden große Hoffnungen gesetzt, weil sie wesentlich schneller und komplexer rechnen können als heutige Supercomputer – insbesondere in einem Quanten-Netzwerk. Viele Forschungsfragen dazu sind jedoch noch ungelöst, etwa wie man Fehlerquellen beim Quantenrechnen umgeht oder bestehende Glasfasernetze für die Verknüpfung von Quantenrechnern nutzen kann. Daran forscht auch ein Physikerteam der Universität des Saarlandes, das in sechs verschiedenen Projekten vom Bundesforschungsministerium mit rund zehn Millionen Euro gefördert wird.

Im Vergleich zu den klassischen Computern wären Quantencomputer überall dort nützlich, wo extrem große Datenbanken durchsucht werden müssen oder bei Simulationen riesige Datenmengen anfallen. „Das kann in der Finanzwirtschaft sein, wo komplexe Prozesse optimiert werden sollen, oder in der Medizin, um auf Basis von Gensequenzierungen individualisierte Therapien zu entwickeln“, nennt Giovanna Morigi, Professorin für theoretische Physik, als Beispiel für mögliche Anwendungen. Bis dahin gibt es aber noch einige harte Nüsse zu knacken, einer ganz wesentlichen ungeklärten Frage ist die Saarbrücker Forscherin auf der Spur.

„Der Quantencomputer unterliegt kleinen Rechenfehlern, die seine Genauigkeit beeinträchtigen können. Diese Fehler entstehen häufig durch zufällige Schwankungen und Unordnung; man spricht von einem Rauschen“, erläutert Morigi. Bisher haben Quantenphysiker sich darauf konzentriert, solche Fehler zu vermeiden, in Zukunft wollen sie diese stattdessen ausnutzen. „Wir streben einen Paradigmenwechsel an, indem wir nicht nur Methoden entwickeln, mit denen die Fehlerquellen abgeschwächt werden können, sondern wir wollen auch Quantenalgorithmen entwerfen, die vom Rauschen der Quantenzustände profitieren. Das ist vergleichbar mit einem Vogelschwarm, der sich selbst organisiert, indem einzelne Vögel leicht ausscheren, also Fehler begehen, die aber sofort korrigiert werden, weil sich benachbarte Vögel an die neue Route anpassen“, erklärt die Physikerin.

In einem von ihr geleiteten Verbundprojekt sollen Algorithmen für vier Anwendungsfelder entwickelt werden. Darunter fallen Optimierungsprobleme in der Logistik, die Verarbeitung von riesigen Datenbeständen (Big Data), die Datenbanksuche sowie Modelle etwa aus der Teilchenphysik. Das auf drei Jahre angelegte Forschungsprojekt wurde erst kürzlich vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bewilligt. Weitere fünf Projekte, an denen Saarbrücker Quantenphysiker beteiligt sind, erhielten im Laufe des vergangenen Jahres die Förderbescheide. Darüber fließen insgesamt rund zehn Millionen Euro Drittmittel an die Universität des Saarlandes, die Gesamtprojektsummen liegen um ein Vielfaches höher.

Damit Quantencomputer ihren Weg in die Praxis finden, ist noch eine weitere große Hürde zu nehmen: die Datenübertragung und Kommunikation zwischen mehreren Quantencomputern. Die Saarbrücker Forscher wollen dafür eine Glasfaserverbindung zwischen der Universität des Saarlandes und der Hochschule für Technik und Wirtschaft (htw) als Teststrecke nutzen. „Quantencomputer können nicht über das Internet miteinander verbunden werden. Um sie zu vernetzen, bedarf es besonderer Schnittstellen zwischen den Quantenspeichern, zum Beispiel einzelnen Atomen, und den Telekom-Glasfasern. Wir erforschen, wie die Quantenknoten, an denen Quantenprozessoren operieren, miteinander kommunizieren“, erläutert Projektleiter Jürgen Eschner.

Der Experimentalphysiker hofft, dass es in drei Jahren gelingen wird, Quantensignale zwischen den beiden Hochschulstandorten zu senden und zu empfangen. Von dieser Forschung sollen nicht nur Doktorandinnen und Doktoranden der Universität des Saarlandes, sondern auch Industriepartner profitieren. In einem zweiten BMBF- geförderten Projekt will Jürgen Eschner daher gemeinsam mit Informatikern an der Hochschule Ruhr West und weiteren Partnern ein Quantum Technology Fablab als Ausbildungslabor einrichten. Über Virtual Reality-Anwendungen sollen an verschiedenen Standorten die Kompetenzen für Quantentechnologien aufgebaut und gemeinsame Projekte mit der Industrie ermöglicht werden.

Der Dritte im Bunde der saarländischen Quantenphysik ist Christoph Becher, Professor für Quantenoptik der Saar-Universität. Er ist unter anderem der Sprecher eines großen Verbundprojekts, das mit Hilfe der Quantenphysik ein Netzwerk aufbauen will, das zum einen physikalisch garantiert abhörsichere Kommunikation über große Distanzen ermöglicht, perspektivisch aber auch die Verknüpfung von Quantenrechnern verwirklichen soll (siehe Presseinfo). Zu diesem Zweck werden in einem weiteren Forschungsprojekt Komponenten für eine verlustarme Quantenkommunikation zusammen mit Industrieunternehmen zur Fertigungsreife entwickelt. Ebenso forscht Christoph Becher an der grundlegenden Hardware für einen Quantencomputer, der mit Licht „rechnet“. Dazu werden in Saarbrücken spezielle quantenphysikalische Lichtzustände erzeugt, während weitere Partner spezielle „optische Chips“ herstellen, auf denen die Rechenoperationen dann durchgeführt werden.

Alle gemeinsam profitieren von der engen Verbindung ins Forschungszentrum Jülich, wo seit zwei Jahren der Quantenphysiker Frank Wilhelm-Mauch forscht und das Projekt OpenSuperQ als Teil der großangelegten europäischen Quanten-Initiative leitet sowie an weiteren nationalen Projekten beteiligt ist. Er hat weiterhin seine Professur an der Universität des Saarlandes inne und betreut an beiden Standorten Nachwuchsforscher.

Für Universitätspräsident Manfred Schmitt belegen diese hochkarätigen neuen Projekte in beeindruckender Weise, dass es an der Universität des Saarlandes auch im Bereich der Quantenphysik herausragende Forschungsfelder gibt, die stark interdisziplinär zwischen den universitären Schwerpunkten NanoBioMed und Informatik ausgerichtet sind. „Die eingeworbenen Fördermittel in zweistelliger Millionenhöhe werden substanziell dazu beitragen, dass Saarbrücken beim Thema Quantencomputing national wie international noch viel stärker sichtbar wird. In diesem hoch relevanten Wissenschaftsbereich von Quantenphysik und Ingenieurwissenschaften bieten wir an der Universität zudem speziell hierauf ausgerichtete Bachelor- und Masterstudiengänge in Quantum Engineering an, in denen wir auf hohem Niveau die künftige Generation von Quantenphysik- und Quanteningenieur-Experten ausbilden“, erläutert Schmitt.

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans ergänzt: „Der Saarland-Slogan ‚Großes entsteht im Kleinen‘ ist hier sehr treffend: Ein kleines Forscherteam der Saarbrücker Quantenphysik deckt eine enorme Bandbreite ab und kann sich damit im Wettbewerb um Drittmittel erfolgreich behaupten. Wer das ambitionierte Ziel eines europäischen Quantencomputers mitverfolgt, sollte die Universität des Saarlandes auf dem Radar haben.“

Weitere Informationen zu den vom BMBF geförderten Forschungsprojekten mit Saarbrücker Federführung oder Beteiligung:

NiQ: Noise in Quantum Algorithms
QSync -Synchronisation atomarer Qubits in Telekom-Quantennetzwerken
QR.X – Quantenrepeater.Link
QPIC-1 – Photonisch integrierter Quantencomputer
HiFi –Hochintegrierter Quantenfrequenzkonverter höchster Fidelität auf Basis
QuantenFabLabs (Programm Quantum Future Education)

 

Fragen beantworten:

Prof. Dr. Giovanna Morigi
Tel. 0681 302 57472
Mail: giovanna.morigi@physik.uni-saarland.de

Prof. Dr. Christoph Becher
Tel. 0681 302 2466
Mail: christoph.becher@physik.uni-saarland.de

Prof. Dr. Jürgen Eschner
Tel. +0681 302 58016
Mail: juergen.eschner@physik.uni-saarland.de

Das CISPA erweitert sein Forschungszentrum im Saarbrücker Stuhlsatzenhaus. Am Donnerstag, 10. März 2022, wurde der Grundstein für das neue Forschungs- und Bürogebäude gelegt.

Der Erweiterungsbau schafft Platz für rund 170 Forscherinnen und Forscher und wird dringend gebraucht. Aufgrund des anhaltenden rapiden Wachstums des CISPA mussten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den vergangenen Jahren auf mehrere Standorte verteilt werden, was eine besondere Herausforderung in der täglichen Zusammenarbeit darstellt.

CISPA-Gründungsdirektor und CEO Prof. Dr. Dr. h. c. Michael Backes: „Die heutige Grundsteinlegung markiert einen Meilenstein in der rasanten Wachstumsgeschichte des CISPA. Das neue Gebäude entsteht als Vorläufer für einen großen Forschungscampus, der Raum für innovatives und modernes Arbeiten und Leben möglich macht. Wir freuen uns auf die nächsten Meilensteine und darauf, die Zukunft des CISPA und der Region weiter zu gestalten.“

Ministerpräsident Tobias Hans: „Das CISPA hat sich aus einem BMBF-Projekt zu einem internationalen Forschungszentrum mit Strahlkraft entwickelt. Trotz aktuell schwieriger Rahmenbedingungen aufgrund der Pandemie ist das CISPA voll auf Wachstumskurs. Die angestrebte weitere Entwicklung des CISPA braucht jedoch auch Raum. Daher freue ich mich sehr, heute symbolisch den Grundstein für das erste Erweiterungsgebäude des CISPA legen zu dürfen. Dieses durch Bund und Land finanzierte Gebäude bildet den Anfang des geplanten räumlichen Ausbaus des CISPA hin zu einem innovativen Hightech-Forschungscampus. Damit werden wir weiter in der Champions League mitspielen.“

Das Gebäude wird in unmittelbarer Nachbarschaft des aktuellen CISPA-Hauptgebäudes im Stuhlsatzenhaus 5 entstehen und soll bis Herbst 2023 fertiggestellt sein. Neben einem großen Rechenzentrum, rund 170 Büroarbeitsplätzen, drei großen Besprechungsräumen und einem Foyer, das Raum für Wissenschaftsempfänge und andere Events bietet, wird der Erweiterungsbau auch eine Mensa beherbergen.

Mit 250 bis 300 Sitzplätzen ausgestattet, können dort in Zukunft täglich zwischen 800 und 1.000 Menschen verköstigt werden. Der Erweiterungsbau ist nur der erste Schritt zum CISPA-Campus und dem exzellenten Forschungs-und Arbeitsumfeld, das in den kommenden Jahren rund um das Haupthaus entstehen wird. Große Werks- und Versuchshallen, ein Gästehaus, ein Showroom, Labore und perspektivisch auch eine eigene KITA werden noch kommen.

 

Über das CISPA:
Das CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit ist eine Großforschungseinrichtung des Bundes innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen die Informationssicherheit in all ihren Facetten. Sie betreiben modernste Grundlagenforschung sowie innovative anwendungsorientierte Forschung und arbeiten an drängenden Herausforderungen der Cybersicherheit, der Künstlichen Intelligenz und des Datenschutzes. CISPA-
Forschungsergebnisse finden Einzug in industrielle Anwendungen und Produkte, die weltweit verfügbar sind. Damit stärkt das CISPA die Konkurrenzfähigkeit Deutschlands und Europas. Es fördert außerdem Talente und ist eine Kaderschmiede für hervorragend ausgebildete Fach- und Führungskräfte für die Wirtschaft. So trägt das CISPA sein Know-how auch in die Zukunft.

 

Künstliche Intelligenz könnte in Zukunft dazu beitragen, dass sportliche Wettkämpfe sauber und fair bleiben: Professor Wolfgang Maaß forscht mit seinem Team daran, Dopingverstöße mit selbstlernenden Computersystemen schneller und einfacher zu entlarven. In Projekten mit der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada arbeitet der Wirtschaftsinformatiker daran, Datensysteme, die er für die Industrie 4.0 entwickelt hat, mit Daten aus Doping-Kontrollen zu trainieren, um sportlichen Betrug effizient aufzudecken.

Ungleiche Chancen, unfairer Wettkampf, unsauberer Sport – wird gedopt, bleibt nicht nur die Gerechtigkeit auf der Strecke. Sportlerinnen und Sportler setzen auch ihre Gesundheit aufs Spiel. Der Kampf gegen Doping ist ein schwieriges Unterfangen. Sportbetrug zu entlarven, ist komplex und aufwändig. Künstliche Intelligenz könnte die Doping-Kontrolleure bei dieser Aufgabe unterstützen, ist Professor Wolfgang Maaß überzeugt. „Methoden künstlicher Intelligenz können die Doping-Kontrollverfahren beschleunigen und effizienter machen“, erklärt der Wirtschaftsinformatiker. Normalerweise sorgen Maaß und sein Team mit ihren intelligenten Datensystemen an der Universität des Saarlandes und am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) für Transparenz in der Industrie 4.0: Sie sagen früh und zuverlässig voraus, ob etwa Störungen an Anlagen oder in Lieferketten drohen und finden passende Lösungen. Jetzt will Maaß die smarten Computer-Algorithmen auch gegen Doping einsetzen. „Unsere Datensysteme sind auch über den Wirtschaftsbereich hinaus aufschlussreich“, erklärt er.

Die Ergebnisse von bislang drei Projekten, bei denen Maaß mit der Welt-Anti-Doping- Agentur Wada kooperiert, liefern deutliche Hinweise darauf, dass die mit Wirtschaftsdaten vortrainierten Saarbrücker KI-Systeme auch bei Doping funktionieren und Sportbetrugsfälle verschiedener Art schnell und zuverlässig erkennen können. „Unsere bisherigen Forschungsarbeiten verlaufen vielversprechend. Die KI-basierten Analysen von biochemischen und weiteren Daten aus Doping-Kontrollen liefern sehr gute Ergebnisse“, sagt Maaß. Seine Vision ist, die Arbeit der Doping-Labore in Zukunft durch Analysen im virtuellen Labor zu unterstützen.

Bei Doping-Kontrollen fallen zahlreiche Daten an. So werden in Trainings- und Wettkampfzeiten teils über längere Zeiträume Blut- und Urinproben genommen, in Laboren analysiert und auf verbotene Substanzen und Methoden hin untersucht. Auch weitere Informationen rund um die Athletinnen und Athleten kommen hinzu. Da die Kontrollen immer und überall erfolgen können, melden die Sportler zum Beispiel auch ihren aktuellen Aufenthaltsort. Mit allen solchen Daten können die angelernten KI-Datensysteme gefüttert werden, um Manipulationen auf die Spur zu kommen.

Mithilfe maschineller Lernmethoden und Deep Learning bringen die Forscherinnen und Forscher dem System bei, Doping treffsicher an typischen Mustern zu erkennen. Es lernt, winzigste, aber charakteristische Doping-Merkmale wie Puzzleteile zu identifizieren. Hierfür trainiert Maaß‘ Team das Computer-System mit den Daten aus Doping-Kontrollen vieler Athletinnen und Athleten. Das System ist in der Lage, alle möglichen Verknüpfungen in den Daten zu durchleuchten, das heißt, es begreift, wie die einzelnen Puzzleteile des mehrdimensionalen Puzzles eines Doping-Falles zusammenhängen.
Das KI-System erfasst und gewichtet etwa Blutmarker oder Steroidprofil-Daten in Urin, bezieht kausale und zeitliche Abläufe bei mehreren Proben ebenso mit ein wie die chemischen Umwandlungen der Stoffe im Körper oder auch die Wirk-Zusammenhänge des Dopingmittels. Mit etwas Training findet es in den digitalen Daten und Zahlenkolonnen Muster und kleinste Nuancen, die auf Abweichungen hindeuten und typisch für Dopingfälle sind. Auf diese Weise sagt es voraus, wie wahrscheinlich es bei einer bestimmten Puzzle-Konstellation ist, dass jemand verbotene Substanzen eingesetzt oder die Tests anderweitig verfälscht hat.

„Um komplexe Modelle trainieren zu können, brauchen wir sehr viel Datenmaterial, insbesondere zu positiven Dopingfällen. Mit sogenannten generativen maschinellen Lernverfahren – wir sprechen abgekürzt von ‘GAN‘ – können wir unseren Datenpool anreichern. Erst ein tiefes Verständnis der Daten und der zugrundeliegenden, biologischen Zusammenhänge erlaubt es uns, derartige KI-Modelle zu entwickeln und zu testen“, erklärt Wolfgang Maaß.

2015 testete Maaß in Kooperation mit der Wada erstmals, ob seine Datensysteme generell in der Lage sind, anhand einer anonymisierten Auswahl biochemischer Analyse-Daten Doping mit dem Mittel Erythropoetin, kurz „EPO“, aufzuspüren. Bei dieser Methode des Blutdopings wird die Zahl an roten Blutkörperchen erhöht, um mehr Sauerstoff zu transportieren und so die Leistung zu steigern. „Wir verwendeten als Datensatz für das Training mehrere Blutindikatoren und eine Reihe von Fragebögen über Aktivitäten der Sportlerinnen und Sportler“, erläutert Maaß. Beim Vergleich mit den tatsächlichen Ergebnissen der Dopingkontrollen zeigte das Datensystem bereits in diesem ersten, noch nicht spezifisch weiterentwickelten Stadium eine sehr gute Trefferquote.

Ein weiteres Projekt mit der Wada bestätigte die sehr gute Vorhersage-Qualität: Diesmal arbeiteten Maaß und sein Forschungsteam mit dem Fachbereich für Ernährung, Bewegung und Sport der Universität Kopenhagen im Rahmen einer Studie ebenfalls zu EPO-Doping zusammen. Ohne weitere Hintergrundinformationen werteten die Saarbrücker Forscherinnen und Forscher mithilfe ihres Datensystems bestimmte Blutmarker und Blutwerte aus verschiedenen Trainingsgruppen mit insgesamt 50 Probandinnen und Probanden aus: Die Computer-Algorithmen erkannten die EPO-Doping-Gruppe und filterten diese aus den Vergleichsgruppen heraus – darunter auch eine Gruppe Sportler, deren Blutkörperchen-Zahl wegen Trainings in großer Höhe natürlich erhöht war.

Im jüngsten Projekt mit der Wada und dem Institut für Biochemie der Sporthochschule Köln, dessen Ergebnisse das Team im Dezember vorgelegt hat, erkannten die Computer-Algorithmen durch spezielle Trainings auch anderweitige Manipulation über die klassischen Dopinganalysen hinaus: „Unser System kommt auch dem Austausch von Urinproben auf die Spur“, sagt Maaß. Diese Art des Betrugs, bei dem die Urinprobe eines gedopten Sportlers mit einer „sauberen“ Urinprobe vertauscht wird, ist für Doping-Kontrolleure extrem schwer nachzuweisen und mit höchst aufwändigen Analysen verbunden. Mit Deep-Learning-Trainings erkennt das Saarbrücker Datensystem auch die typischen Muster solcher Manipulationen. „Die Sensitivität und Spezifität unserer Methoden erreicht bereits jetzt hohes Niveau; wir können dies aber auch noch weiter verbessern. Dies lässt darauf schließen, dass der Einsatz von KI-Methoden im Doping die Kontrollen effektiv unterstützen kann“, sagt Maaß, der jetzt die Zusammenarbeit mit der Wada und der Sporthochschule Köln weiter intensivieren will.

Aktuell arbeitet Wolfgang Maaß daran, die Forschungsaktivitäten gegen Doping grenzüberschreitend auszuweiten: Er leitet den Aufbau eines deutsch-französischen Netzwerks, das den Einsatz von künstlicher Intelligenz im Kampf gegen Doping intensivieren soll: Beteiligt hieran sind das französische Anti-Doping Labor in Paris (Laboratoire AntiDopage Français, LADF, Université Paris-Saclay), das französische Nationale Forschungsinstitut für Informatik und Automatisierung INRIA (Institut national de recherche en informatique et en automatique), die Sporthochschule Köln sowie Maaß’ Lehrstuhl an der Saar-Universität und seine Forschungsgruppe “Smart Service Engineering” am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, DFKI.

 

Fragen beantwortet:
Prof. Dr.-Ing. Wolfgang Maaß, Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsinformatik im Dienstleistungsbereich, Universität des Saarlandes, und Leiter der Forschungsgruppe Smart Service Engineering am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz DFKI.
Tel.: 0681 302 64736; E-Mail: wolfgang.maass@iss.uni-saarland.de

„Wir wollen Künstliche Intelligenz vertrauenswürdig machen“, sagt Lukas Bieringer, Chief Operating Officer des Saarbrücker Start-ups QuantPi, und formuliert damit ein ehrgeiziges Ziel. Denn Vertrauen in Künstliche Intelligenz setzt voraus, dass wir sie verstehen und ihre Entscheidungen für uns nachvollziehbar sind. Mit seiner AutoXAI-Software ermöglicht QuantPi, das 2020 von KI- und Business-Experten des CISPA und der Universität des Saarlandes gegründet wurde, Unternehmen umfassende Einblicke in die Entscheidungsprozesse der von ihnen eingesetzten KI-Modelle.

Künstliche Intelligenz (KI) begegnet uns täglich: Beim Online-Shopping entscheidet sie darüber, welche Waren uns angepriesen werden, Streamingdienste nutzen sie, um Serienvorschläge an unsere Vorlieben anzupassen und Suchmaschinen lernen mithilfe von KI, welche Suchergebnisse für uns relevant sind. KI gilt als die Technologie der Zukunft. Dabei versteckt sich hinter dem Begriff KI genau genommen eine ganze Reihe von Technologien und Methoden, die auf verschiedenen Algorithmen des maschinellen Lernens basieren. Ziel ist es menschliches Denken zu imitieren und datenbasierte Vorhersagen zu treffen. In vielen Bereichen hinken KI-Systeme den Fähigkeiten der Menschen noch deutlich hinterher. In anderen übertreffen sie diese allerdings um Längen. Selbstfahrende Autos, das Internet der Dinge und nicht zuletzt die Medizin bauen auf das wachsende Potential von KI.

Doch bei all der damit verknüpften Hoffnung gibt es bislang noch ein großes Problem mit KI, welches häufig im Begriff der „Black Box“ auf den Punkt gebracht wird. „Man weiß oft einfach nicht genau, was die KI gelernt hat und wie sie zu ihren Vorhersagen gelangt“, erklärt Philipp Adamidis, Chief Executive Officer (CEO) und einer der drei Gründer von QuantPi. Je komplizierter die Systeme und Algorithmen sind, die zum Einsatz kommen, desto schwieriger ist es, ihre Entscheidungen nachzuvollziehen. „Es gäbe noch weit mehr Möglichkeiten, KI zu nutzen, aber die mangelnde Transparenz und Erklärbarkeit kann zum rechtlichen und wirtschaftlichen Risiko für Unternehmen werden“, sagt Adamidis. Aus diesem Grund schaffen es viele Unternehmen nicht, KI-Pilotprojekte in reale Anwendungen und Produkte zu übertragen

Mit der von QuantPi entwickelten Software soll sich das ändern. Auf der Grundlage einer mathematischen Theorie zur Modellierung komplexer Netzwerke, die Dr. Antoine Gautier in seiner Dissertation entwickelt hat, haben die drei Gründer Adamidis, Gautier und Artur Suleymanov eine Methode entwickelt, Entscheidungsprozesse von KI-Systemen nachvollziehbar und transparent zu machen. Die Software analysiert und überwacht KI-Modelle – egal, welcher Lernalgorithmus im Unternehmen des Kunden eingesetzt wird. Die Software stellt – ganz nach Wunsch und Bedürfnis der jeweiligen Unternehmer:innen – übersichtlich dar, welche Daten und Kriterien in eine KI-Entscheidung eingeflossen sind. Das ermöglicht nicht nur zu verstehen, warum die KI in einer bestimmten Weise handelt, sondern auch die Datenverarbeitungsprozesse zu verbessern.

Um die neuartige Technologie stetig weiterzuentwickeln und in die Unternehmen der Welt zu bringen, rauchen im Co-Working-Space Halle 4 in Saarbrücken nahezu täglich die Köpfe. Das internationale Team von QuantPi besteht inzwischen aus 12 Mitarbeiter:innen. „Wir wachsen weiter und suchen immer gute Leute“, sagt Bieringer.

Nach einer langen Phase der Forschung und Entwicklung bis hin zur Marktreife sollen die Erkenntnisse von QuantPi jetzt endlich auch den Markt erobern. In einigen Pilotprojekten kommt die QuantPi-Software bereits zum Einsatz. „Wenn alles klappt, brauchen die Unternehmen ab 2023 nicht mal mehr unsere Hilfe bei der Implementierung, da sich die Software automatisiert an die KI-Modelle und jeweiligen Anforderungen anpassen soll“, sagt Bieringer.

Der CISPA Incubator und das Team Techtransfer unterstützten die Gründer mit Workshops und halfen ihnen bei der Bewerbung um Mittel aus dem Programm StartUpSecure des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BmBF). Zudem ist CISPA-Faculty Prof. Dr. Jilles Vreeken, Experte auf dem Feld der vertrauenswürdigen Künstlichen Intelligenz, einer der Beiräte des jungen Teams. Zukunftsthemen sind ebenfalls bereits ausgemacht: Mit Physik-Professor Dr. Frank Wilhelm-Mauch von der Universität des Saarlandes wollen die Forscher:innen daran arbeiten, die Erklärbarkeit von KI auch in eine Zukunft voller Quantencomputer zu denken. Bieringer resümiert: „Es gibt noch viel zu tun.“

In diesem Jahr wurden gleich drei Informatikerinnen und Informatiker aus Saarbrücken mit einem „ERC Starting Grant“ des Europäischen Forschungsrates ausgezeichnet. Diese mit jeweils 1,5 Millionen Euro dotierte Auszeichnung zählt zu den renommiertesten Forschungsförderungen weltweit und soll besonders vielversprechende Forschungsvorhaben junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterstützen. Die ausgezeichneten Projekte sind in den Bereichen Künstliche Intelligenz und Cybersicherheit angesiedelt.

Damit gehen drei der insgesamt vier ERC Starting Grants, die diesmal an Informatikerinnen und Informatiker in Deutschland vergeben wurden, nach Saarbrücken. Durch die ausgezeichneten Projekte wurden insgesamt 4,5 Millionen Euro an Drittmitteln für den Saarbrücker Informatik-Standort eingeworben. Die einzelnen Projekte im Überblick:

Isabel Valera ist seit April 2020 Professorin für Informatik an der Universität des Saarlandes. Ihr Forschungsschwerpunkt ist Machine Learning und hier genauer faire Algorithmen. In dem durch die EU geförderten Projekt „Society-Aware Machine Learning“ will Isabel Valera einen völlig neuen methodischen Ansatz entwickeln, der bei der Entwicklung von Machine-Learning-Algorithmen die Interessen aller durch einen Algorithmus betroffenen Parteien berücksichtigen und so letztendlich zu faireren und gesellschaftlich akzeptierten Anwendungen beitragen soll. „Künstliche Intelligenz wird heute bereits in vielen empfindlichen Bereichen eingesetzt: Bei der Vergabe von Krediten, um Arbeitsplätze zu besetzen, oder um im Internet personalisierte Werbung zu schalten. Damit KI hier nicht diskriminiert oder unfair agiert, braucht es Algorithmen, in welche die Interessen aller betroffenen Parteien einfließen“, sagt die KI-Expertin Isabel Valera.

Der promovierte Informatiker Adish Singla ist seit 2017 „tenure-track Faculty“ am Saarbrücker Max-Planck-Institut für Softwaresysteme. Sein Forschungsschwerpunkt ist das Forschungsfeld des „Maschinellen Lehrens“ (Machine Teaching), ein Teilbereich der Künstlichen Intelligenz. In seinem ­­­ERC-Projekt „Machine-Assisted Teaching for Open-Ended Problem Solving: Foundations and Applications“ will Adish Singla ein KI-basiertes Tutorsystem für offene Lernbereiche wie Programmierung, Konzeptpuzzles und Virtual-Reality-Umgebungen entwickeln. Das System soll sich automatisch dem individuellen Kenntnisstand eines Lerners anpassen und dessen Bedürfnissen entsprechend Feedback geben, Übungen entwerfen und Vertiefungsaufgaben vorschlagen. „Etwas Neues lernt man am besten, wenn man individuell betreut wird. Da man aber nicht jedem Lerner oder jeder Lernerin einen persönlichen, menschlichen Lehrer zur Seite stellen kann, sind computergestützte Tutoring-Methoden eine vielversprechende Lösung. Wir werden nicht nur eine solide Grundlage schaffen, sondern auch die Leistungsfähigkeit unserer Techniken in einem breiten Spektrum von pädagogischen Anwendungen demonstrieren”, sagt Adish Singla.

Der Dritte im Bunde der Ausgezeichneten ist der promovierte Informatiker Nico Döttling. Der Verschlüsselungsexperte forscht seit 2018 am CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit, schwerpunktmäßig zu Public-Key-Verschlüsselung und sicheren Mehrparteien-Berechnungen. Von der EU wird er für seine Forschung zu sogenannter „Laconic Cryptography“ gefördert. Im Projekt LACONIC will er neue berechnungseffiziente kryptografische Methoden und Techniken entwickeln, die die Sicherheit beim Rechnen auf sehr großen Datenmengen garantieren. Seine Forschung soll zum Beispiel den Weg für den sicheren Einsatz von Machine-Learning-Verfahren in der Medizin bereiten.

Die ersten beiden Projekte sind am Saarland Informatics Campus (SIC) an der Universität des Saarlandes angesiedelt. Insgesamt gingen in den vergangenen Jahren 27 Förderpreise des Europäischen Forschungsrates (darunter 13 Starting Grants) nach Saarbrücken. Der Saarland Informatics Campus bietet eine vielfältige KI-Forschungslandschaft: Neben dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) erforschen zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität des Saarlandes und der ebenfalls am Campus angesiedelten Max-Planck-Institute für Informatik und Softwaresysteme Themen mit Bezug zur Künstlichen Intelligenz. Zudem sind am Campus zusätzlich die beiden international renommierten und mit dem Deutschen KI-Preis ausgezeichneten KI-Initiativen CLAIRE (Confederation of Laboratories for Artificial Intelligence Research in Europe) und ELLIS (European Laboratory for Learning and Intelligent Systems) vertreten.

Weitere Informationen:
erc.europa.eu/news/StG-recipients-2021

Fragen beantworten:
Professor Dr. Isabel Valera (auf Englisch)
ivalera@cs.uni-saarland.de
+49 (0)681 302-57328
ivaleram.github.io

Dr. Adish Singla (auf Englisch)
adishs@mpi-sws.org
+49 681 9303 8201
machineteaching.mpi-sws.org/adishsingla.html

Dr. Nico Döttling
doettling@cispa.de
+49 681 302 70783 (Unternehmenskommunikation CISPA)
cispa.de/de/people/nico.doettling/

Hintergrund Saarland Informatics Campus:

900 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (darunter 400 Promovierende) und rund 2100 Studierende aus mehr als 80 Nationen machen den Saarland Informatics Campus (SIC) zu einem der führenden Standorte für Informatik in Deutschland und Europa. Fünf weltweit angesehene Forschungsinstitute, nämlich das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI), das Max-Planck-Institut für Informatik, das Max-Planck-Institut für Softwaresysteme, das Zentrum für Bioinformatik und das Forschungs-Cluster für „Multimodal Computing and Interaction“ sowie die Universität des Saarlandes mit drei vernetzten Fachbereichen und 24 Studiengänge decken das gesamte Themenspektrum der Informatik ab.